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Warten bringt auch nichts

Aktualisiert: 18. Aug. 2020

Erst habe ich auf das letzte Rezensionsexemplar gewartet. Dann darauf, dass ich endlich Zeit für den Blog hätte. Dann darauf, dass das Schlimmste in dieser Corona-Sache bald wieder vorüber gehen würde. Aber bitte, „samma uns ealich“, das lässt sich nicht absehen, warten bringt nichts.

Also schreibe ich endlich den Blog-Artikel, den ich als Jahresrückblick gedacht hatte: Letztes Jahr im April wurde erstmals ein Text von mir in einer Literaturzeitschrift veröffentlicht, mit Jahresende waren es elf. Die erste Publikation war gleichzeitig die allererste Kurzgeschichte, an der ich mich abgearbeitet habe, die x-te Version davon zumindest. So eine Bestätigung befeuert (und ja, sie schmeichelt auch). Ich habe mir also, wann immer es ging, Zeit genommen zu schreiben – und doch immer das Gefühl gehabt, keine Zeit zu haben. Und ich habe eingereicht und eingereicht, Absagen kassiert und Absagen kassiert, dazwischen gestreut das eine oder andere erfreuliche E-Mail, dass ein Text genommen werde.

Ich habs nicht so mit der Länge


Wäre jeder Text ein Roman gewesen, wären es keine elf Publikationen geworden - außer grottenschlechte. Doch ich habe eine Vorliebe fürs Kompakte. Lyrik, auch im Dialekt, Kurzgeschichten und Kurztexte, die nicht als Geschichte durchgehen und doch eine Geschichte erzählen. Ich koche die Story zusammen, bis sie ein dicker Brei ist, ziehe die Handlungsfäden eng, lasse Gedankengänge dahinstürzen. Und am Ende knallen sie auf den Boden - Das sind dann die, die mein Mann ironisch „lebensbejahend“ nennt. Oder sie bleiben in der Luft hängen - Ich kann ja bitte nicht auf alles eine Antwort liefern.

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Und jetzt? Jetzt rattere ich in Richtung -0. Es ist schon markant, dass nach diesem wunderbaren Jahresrückblick, genau gar nichts geht. Ich spreche nicht von Veröffentlichungen, sondern vom Schreiben an sich. Okay, zu Jahresbeginn hatte ich richtig viel zu tun. Andere schwören bei solchen Gelegenheiten von flotten 15, 30 Minuten Schreibsprints. Das funktioniert bei mir nicht. Wenn diese kurze Zeit um ist, bin ich gerade erst in meiner Geschichte angekommen. Am Abend wiederum fehlt mir für längere Einheiten der Kopf. Wenn ich von Berufs wegen den ganzen Tag mit Wörtern jongliere, geht am Abend nichts mehr, nicht mal lesen. Da brauche ich Bilder, sprich Fernsehen.

Im Moment ließe sich Schreiben neben der Arbeit leichter einteilen, doch da kam dieser Virus daher und machte mein home office innerhalb weniger Stunden zum shared office und Klassenzimmer. Wir haben es gut, eine große Wohnung, das geht sich quadratmetertechnisch schon aus. Aber es fehlt trotzdem der Raum zum Schreiben, die Ruhe.

Mehr noch als das: Es fehlt die Routine des Alltags, die Planbarkeit der nächsten Tage. Wie soll man sich Zeit nehmen, wenn die Zeit an sich undefiniert zwischen den Fingern davonrinnt. Ich werde mich also auf die Suche nach einer Lösung machen, warten bringt nichts.





*edited am 27. April 2020 - Foto mit Rezensionsexemplaren ausgetauscht






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