Es kann natürlich auch Wein statt Bier sein, eine Tafel Schokolade oder süßlich riechendes Rauchwerk – je nach Verträglichkeit und Vorliebe. Um kulinarisch zu bleiben: Rosinen spielen beim Ehevertrag auch eine Rolle.
Doch bevor ich zu Ehevertrag, Alkohol und Rosinen komme, eine kleine Zeitreise zurück zum 16. Oktober 2018, 10:34 Uhr: „Sehr geehrte Frau Steindorfer, für den Wochenend-Teil von Stuttgarter Zeitung und Nachrichten planen wir einen Artikel zum Thema Scheitern (…) Es wäre schön, wenn wir uns hierzu unterhalten könnten (…)“
Zugesagt, ein paar Tage später das Telefonat, dann lange nichts. Nach einigen Woche habe ich gegoogelt, nichts gefunden, nicht gleich nachgefragt. Dann mit Jahresbeginn mein Outlook ausgemistet; huch, da war noch was! Ein kurzes Mail und schon hatte ich das PDF im Posteingang.
Ein Bier mit ihm oder ihr
Als ich den Artikel dann las, zauberte er mir ein Schmunzeln ins Gesicht.
„Vertrauen Sie sich einem guten Freund an und trinken Sie mit ihm ruhig auch mal ein Bier zu viel, damit die Emotionen rauskommen.“
Ja eh, das habe ich so gesagt, aber da gab es eine Hinführung. So klingt es nach einem Aufruf zum Besäufnis mit abschließendem Heulkrampf.
Warum also schmunzeln? Ich finde, das ist der beste Ratschlag, den eine „Kommunikationsberaterin und Autorin eines Ratgebers zum Umgang mit Scheitern“ geben kann. Dieses Tschakka-Gebrüll von wegen „Fühle den Schmerz und mach ihn dir zu eigen“, „Erwecke den Löwen in dir“, etc. halte ich hingegen für zynisch, solange Löwe in einen tiefen Abgrund starren und noch nicht mal ganz weit weg einen Lichtstreif am Horizont erkennen können.
Ehevertrag mit Rosinen garniert
Ein paar Zeilen später dann der Ehevertrag. Erst musste ich erst laut auflachen; ich weiß noch, als ich den im Gespräch eingebracht habe, war ich hin und weg von meinem bildhaften Geistesblitz.
"(...) ein mögliches Scheitern in sein Leben mit einplant, so wie man es beispielsweise bei einem Ehevertrag macht."
Dann habe ich geschluckt. Der Ehevertragsvergleich las sich auf eigentümliche Weise irritierend. War er doch nicht so gut? Oder fehl am Platz? Vielleicht hätte ich ihn nicht in die Geschichte aufgenommen, hätte ich sie geschrieben.
Aber so ist das nun mal. Es bleibt bis zum Erscheinen spannend, was die Redakteurin oder der Redakteur zur Rosine erklärt und herauspickt. Sonst bin ich, in meinem Fall für Kundinnen und Kunden, als Rosinenklauberin unterwegs, hier habe ich keinen Einfluss.
Und so stelle ich wieder einmal fest: Egal, wie viele Interviews ich schon gegeben habe, die Rosinenhoheit gebe ich immer noch nicht gerne ab.
Mehr über mich als Scheiterexpertin.
* Der Artikel ist in der Wochenendbeilage 1./2. Dezember 2018 der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten erschienen. Herzlichen Dank, dass ich ihn als PDF in voller Länge hier reinstellen darf.
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